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Info-Beitrag

CO2-Grenzausgleich (CBAM)

Der CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) geht mit weitreichenden Berichtsanforderungen und ab 2026 mit dem verpflichtenden Erwerb von CO2-Zertifikaten einher.

Auf einen Blick

Themenkategorie
CO2-Bilanzierung
Bundesland
Bundesweit
  • Berichtspflichten

Beschreibung

Alle in der EU ansässigen Unternehmen, die Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel, Wasserstoffe sowie bestimmte vor- und nachgelagerte Produkte in reiner oder verarbeiteter Form aus Nicht-EU-Staaten importieren, müssen alle Importe ab 1. Oktober 2023 gesondert quartalsweise melden. Berichtspflichtig ist der Einführer (Zollanmelder) oder dessen indirekter Vertreter. Die erste Meldung muss Ende Januar 2024 abgegeben werden.

Die Initiative für das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) ist ein Schlüsselelement des „Fit for 55“-Pakets, das im Juli 2021 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Erklärtes Ziel ist, im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen die CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu reduzieren.

Das zentrale Klimaschutzinstrument hierfür bildet bereits seit 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) – mit dem Risiko, dass Unternehmen in bestimmten Sektoren und Teilsektoren aus Kostengründen ihre Produktion in andere Länder verlagern, sog. „Carbon Leakage“.

An dieser Stelle setzt der CBAM als unterstützender Mechanismus an: Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, sollen verpflichtet werden, CBAM-Zertifikate zu erwerben, um die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem höheren Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem auszugleichen. CBAM soll sicherstellen, dass Unternehmen in der EU nicht durch unfairen Wettbewerb benachteiligt werden, indem sie höhere Klimaschutzkosten tragen als Konkurrenten außerhalb der EU. Zudem sollen damit Anreize für Unternehmen in Drittländern geschaffen werden, ihre Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um auf dem EU-Markt zugreifen zu können.

Anwendungsbereich

CBAM betrifft den Import der in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführten Waren (ab Seite 90 der Verordnung). Maßgeblich ist die dort genannte Warennummer/ Zolltarifnummer/ Kombinierte Nomenklatur. Wegen häufiger Nachfragen hier die Zusammenstellung.

Betroffener Warenkreis und Importverfahren

Betroffen sind:

  • Eisen und Stahl Kapitel 72
    mit Ausnahme einzelner Waren der Position 7202, nämlich: 7202 2X, 7202 30, 7202 50, 7202 70-7202 9980

  • Waren aus Eisen und Stahl Kapitel 73: Erfasst sind die Positionen 7301-7311, 7318, 7326
    Ausgenommen sind folglich 7312-7317 sowie 7319-7325

  • Aluminium und Waren daraus Kapitel 76: erfasst sind 7601, 7603-7614, 7616
    Ausgenommen sind folglich 7602 und 7615

  • Eisenerz 2601 1200;  Wasserstoff 2804 1000

  • Elektrizität 2716

  • Zement: 2507 0080, 2523

  • Ammoniak 2814, Kaliumnitrat 2834 21 00, Düngemittel 3102 und 3105

Die Kapitel 72, 73 und 76 umfassen auch Produkte, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl (Position 7318 und 7326) oder Aluminium. Die betroffenen Waren sind mit ihrer Position oder ihrer KN (Kombinierte Nomenklatur) erfasst. Entscheidend dafür, ob eine Ware unter CBAM fällt, ist, ob die Import verwendete Warennummer/ Zolltarifnummer in Anhang I der CBAM-Verordnung genannt ist. Wenn die Warennummer nicht genannt ist, dann fällt die Ware auch nicht unter CBAM, egal ob darin Eisen, Stahl oder Aluminium enthalten ist.

Es ist wahrscheinlich, dass diese Liste ab 2026 ausgeweitet werden wird.

Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.

Wenige Ausnahmen

Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich

  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren für den persönlichen Gebrauch sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Abschnitt A aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (aktuell Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island). Es gibt bislang keine weiteren Länder oder Ursprungswaren, die befreit sind.
  • Waren mit Ursprung EU, die in die EU zurückkommen.

Es gibt also keine Ausnahmeregeln für Unternehmen mit wenigen Importen, nach der bisherigen Fassung der Verordnung müssen alle melden, selbst Privatpersonen.

Wichtig: Der Ursprung der eingeführten Waren muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union.

Was kommt auf betroffene Unternehmen zu?

Die EU hat im Juni 2023 eine Durchführungs-Verordnung veröffentlicht, welche die Bestimmungen zu den Inhalten und Berechnungsmethoden der Berichte näher definiert, die die Unternehmen ab Oktober 2023 erarbeiten und in Q1 2024 erstmals vorlegen müssen. Die Verordnung stellt Ihnen die EU-Kommission hier zur Verfügung und soll bis Spätsommer 2023 offiziell verabschiedet werden. Die Regelungen sind komplex, teils noch nicht praxistauglich bzw. in ausreichendem Detail formuliert und mit erheblichem Aufwand für die Unternehmen für die Datenbeschaffung verbunden.

Was wir aktuell wissen:

  • Erheblicher Aufwand: Da über alle eingeführten (Vor-)Produkte einzeln und nach Bezugsfirma separat berichtet werden muss, steht ein erheblicher Aufwand für die Kommunikation und Datenbeschaffung bei den Zuliefereren in Drittländern dahinter.
  • Abgefragte Datenpunkte: Es werden rund 230 Kategorien abgefragt, von denen einige vielfach aufgeführt werden müssen - je nach dem, wie viele im CBAM gelistete Waren Sie aus wie vielen Ländern und vor Ort von wie vielen verschiedenen Lieferanten beziehen.
  • Emissionsmengen: Hinzu kommt die Berechung der verursachten Emissionen bei der Herstellung im Drittland. Darin fließen die Emissionsangaben ihrer Zulieferer und Stückzahl des bezogenen Gutes, der aktuell geltende CO2-Preis im EU-Emissionshandel sowie der CO2-Preis im Drittland (falls vorhanden) ein. Erste Details zur Berechnung fasst das Umweltbundesamt gut zusammen (auf Englisch).
  •  Pro Warentyp und Produktionsstätte müssen entweder „nur“ die direkten bei der Herstellung in dieser Stätte anfallenden Emissionen ermittelt werden oder auch indirekte (vorgelagerte) Emissionen.
  • Schließlich muss der notwendige CO2-Preisaufschlag je nach Land im Abgleich mit dem EU-CO2-Preis im Emissionshandel ermittelt werden.
  • Die abwickelnde Behörde wird vsl. mit dem Zoll-System verknüpft, Details liegen noch nicht vor.

Zertifikatekauf: Welche Kosten und Prozesse kommen auf betroffene Unternehmen zu?

Ab 2026 müssen für die in den CBAM-Berichten ermittelten CO2-Emissionen, die für die Herstellung von importierten Gütern in Drittländern angefallen sind, Zertifikate erworben werden - und zwar ein Zertifikat pro Tonne Emission. Die individuellen Kosten, die Unternehmen durch den CBAM zu tragen haben werden, werden stark variieren.

  • Der Zertifikatepreis wird sich nach dem aktuellen durchschnittlichen Wochenpreis für Zertifikate im EU-Emissionshandel richten
  • Je nach Land, aus dem die Waren bezogen werden, können dort bereits geltende CO2-Bepreisungssysteme angerechnet werden
  • Außerdem ist die Menge an ermittelten, bei der Produktion im Drittland verursachten Emissionen ausschlaggebend. So wirken sich Bezugsfirmen, die z. B. bereits klimaschonend produzieren, positiv auf die Gesamtkosten aus. Denn die durch sie bei der Herstellung verursachten Emissionen sind geringer und somit muss der Importeur bei der Einfuhr in die EU weniger Zertifikate vorhalten.

Wie der Kaufprozess genau abläuft, ist noch unklar. Es wird jedenfalls ein CBAM-Register geben, in das sich jedes verpflichtete Unternehmen ab Januar 2025 eintragen muss. Außerdem ist eine Verknüpfung mit dem deutschen Zollportal sowie mit den EORI-Nummern wahrscheinlich.

Was passiert bei Nicht-Einhaltung der CBAM-Verpflichtungen?

Derzeit sind Sanktionen je nicht oder falsch angemeldeter Tonne CO2 von 10 bis 50 Euro im Gespräch. Die tatsächliche Höhe soll von verschiedenen Faktoren abhängen, wie dem Nachkommen einer Korrekturanweisung. Details sind derzeit noch unklar. Wer der Anmeldung im CBAM-Register nicht nachkommt, riskiert wegen der geplanten Verknüpfung mit der eigenen EORI-Nummer außerdem abgelehnte Zollanmeldungen.

Was Sie trotz vieler Unklarheiten bereits jetzt tun sollten?

  • Prüfen, ob Sie vom CBAM betroffen sind; wichtig: es sind auch kleine Betriebe verpflichtet, keine Bagatellgrenzen, es geht rein um die beim Zollverfahren angegebene Nummer
  • Relevante Abteilungen Ihres Unternehmens informieren, der Einkauf kann sich wegen Lieferantenkontakten als federführende Stelle anbieten; ggf. Projektgruppe bilden
  • Datenbeschaffung und -aufbereitung einleiten: Strategie für Kontaktaufnahme und Datenerhebung bei Lieferanten erarbeiten, Zuständigkeiten und Zeitachse klar definieren
  • Ggf. neue Prozesse oder Tools einführen: prüfen, ob intern bereits verwendete Systeme auch für das CBAM-Datenmanagement verwendet werden können oder ein neues (bestenfalls digitales) Tool benötigt wird; mit möglichen auf dem Markt verfügbaren Tools zum CBAM vertraut machen, einige Agenturen arbeiten bereits an Systemen
  • Notwendigkeit externer Beratung bei komplexen Lieferstrukturen prüfen
  • IHK- und Zoll-Seiten regelmäßig checken, ggf. Newsletter abonnieren

Quellenangabe

Datum

Zuletzt geändert am 05. September 2024

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