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Leitfaden

Abwärmenutzung in Unternehmen

Ohne thermische Prozesse können viele Produkte oder Bauteile weder hergestellt noch bearbeitet oder gereinigt werden. Eine systematische Nutzung von Abwärme hilft große Mengen Energie einzusparen.

Auf einen Blick

Themenkategorie
Energieeffizienz
Bundesland
Bundesweit
  • Abwärmenutzung

Beschreibung

Da jede noch so effiziente Anlage Abwärmeverluste verursacht, geht immer auch Energie ungenutzt verloren. Je nach Studie werden diese Verluste in Deutschland auf 316 bis 1.617 Petajoule pro Jahr geschätzt. Das entspricht im Maximum der Menge an Energie, die zur Herstellung von mehreren Millionen Tonnen Stahl oder zur Heizung eines Großteils der Privathaushalte im Land benötigt wird. Mit dem Energieeffizienzgesetz von 2023 werden Unternehmen mit hohen Energieverbräuchen zur Vermeidung und Nutzung von Abwärme verpflichtet. 

Zur Abwärmenutzung in neun Schritten

Von der Heizung über Verstromung bis hin zur Kühlung. Abwärme kann auf viele verschiedene Arten und Weisen genutzt werden und die betriebliche  Energieeffizienz verbessern. Jede Nutzungsmöglichkeit birgt hierbei jedoch ihre eigenen Herausforderungen, die im Praxisleitfaden erläutert werden. Unabhängig davon können einige grundsätzliche Fragen mit Gültigkeit für alle Abwärmebereiche bereits zu Beginn eines Projektes geklärt werden, um spätere Fehlinvestitionen zu vermeiden. Folgende neun Fragen helfen, das Abwärmepotential einzuschätzen.

1 - Wurde eine komplette Bestandsaufnahme im Betrieb gemacht?

Oft ist das Auftreten von Abwärme an einer konkreten Anlage Auslöser für Abwärmeprojekte. Die gesamten Energieflüsse und - verbräuche des  Unternehmens sind dann jedoch noch nicht in den Kontext der Abwärmenutzung gesetzt oder hierauf untersucht worden. Im besten Fall zeigen diese Wärmesenken auf, denen die Abwärme zugeführt werden kann. Zusätzlich können auch weitere Abwärmequellen identifiziert werden, mit denen die Abwärme für eine effizientere Nutzung gebündelt werden kann. Mit der Vergrößerung des Abwärmepotentials kann die Nutzung wirtschaftlich und technisch attraktiver sein. 

2- Lässt sich die Abwärme vermeiden?

Vermeiden ist gegenüber dem Wiederverwerten in den meisten Anwendungen die ökonomisch und ökologisch attraktivere Maßnahme. Bevor Überlegungen zur Nutzung von Abwärme angestellt werden, sollte deshalb überprüft werden, ob die Effizienz der entsprechenden Anlage verbessert bzw. der Abwärmeverlust verringert werden kann. 

3 - Mit welcher Temperatur liegt die Abwärme vor?

Mögliche Verwendungen der Abwärme hängen von der Temperatur der Abwärmequelle ab. Es gilt die anfallende Wärme möglichst auf dem höchsten Temperaturniveau zu nutzen. Stehen zwei Wärmesenken zur Auswahl sollte konkret die Wärmesenke mit dem höheren Temperaturbedarf  beziehungsweise dem Temperaturbedarf, der näher an der Wärmequelle liegt beliefert werden. Auch das nachträgliche Anheben des Temperaturniveaus durch Wärmepumpen ist möglich, um die Abwärme optimal nutzen zu können.

4 - Welche thermische Leistung ist verfügbar? 

Neben dem Temperaturniveau ist vor allem die thermische Leistung ein wichtiger Faktor für die Abwärmenutzung. Zusammen ergeben Sie die zentralen Leistungsparameter. Reicht die Leistung nicht für die komplette Abdeckung der Wärmesenke aus, kann Sie gegebenenfalls auch in das zugehörige alte Heizsystem eingespeist werden und dort Brennstoffkosten reduzieren. 

5 - In welchem Medium liegt die Abwärme vor?

Abwärme liegt in der Regel in Form von Abluft beziehungsweise Gasen, Wasser oder diffuser Strahlungswärme vor. Generell ist Wasser in Form von Kühlwasser, sofern es nicht verschmutzt ist, am einfachsten zu nutzen. Auch Abluft eignet sich mit geringfügig größeren Ausgaben für spezielle Wärmetauscher um die Wärme auf ein flüssiges Medium zu übertragen. Bei diffuser Abwärme müssen hingegen aufwändigere Wärmeübertragungskonzepte entwickelt werden.

6 - Ist die Abwärme stetig verfügbar? 

Wichtig ist die zeitliche Verfügbarkeit der Abwärme. Wird diese von den Anlagen permanent abgegeben? Laufen die Anlagen ganzjährig? Insbesondere bei der Verwendung zur Gebäudeheizung muss darauf geachtet werden, dass der Wärmebedarf über das Jahr entsprechend der Außentemperaturen stark schwankt. 

7 - Wo gibt es Bedarf für die Abwärme? 

Der Bedarf teilt sich in die prozessinternen, betriebsinternen und betriebsexternen Bereiche auf. Im Leitfaden werden einige Beispiele aufgezeigt. 

8 - Was für einen Bedarf hat die Wärmesenke? 

Ist eine potentielle Wärmesenke identifiziert, gilt es anschließend die wichtigsten Kenngrößen zu ermitteln. Hierzu gehören vor allem und ähnlich zur Erfassung der Wärmequelle der Leistungsbedarf, das Temperaturniveau und das Nutzungsmuster. Ganzjährig bestehende Wärmesenken mit einem permanenten Bedarf ermöglichen die höchste Auslastung. Gleichzeitig gibt es jedoch auch viele Wärmesenken, die nur saisonal oder sogar im Tagesverlauf punktuell bestehen. 

9 - Was für Energieträger wurde bisher in der Wärmesenke eingesetzt?

Für einen wirtschaftlichen Vergleich zwischen dem installierten Wärmeerzeuger und dem neuen Abwärmekonzept sollten Informationen über die alten  Anlagen und eingesetzten Energieträger gesammelt werden. Wie bereits vorangehend erwähnt, lassen sich diese Zahlen häufig im Energiemanagement einsehen. So kann einerseits die zukünftige mögliche Kostenentlastung durch die Energiepreisentwicklung und andererseits die tatsächliche Kohlenstoffdioxidersparnis wirkungsvoll erhoben werden.

Abwärmeverpflichtungen nach dem EnEfG 2023

Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) werden erstmalig verbindliche Energieeffizienz- bzw. Energieeinsparziele gesetzlich normiert. Es beinhaltet außerdem konkrete Effizienzmaßnahmen für die öffentliche Hand, für Unternehmen und es definiert Effizienzstandards für Rechenzentren. 

Das EnEfG regelt u.a., dass Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden, auf den Anteil technisch unvermeidbarer Abwärme zu reduzieren und nach Möglichkeit durch Abwärmenutzung – auch durch Dritte – kaskadenförmig wiederzuverwenden haben, soweit dies möglich und zumutbar ist. Im Rahmen der Zumutbarkeit sind technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen. Auf Verlangen von Wärmenetzbetreibern, Fernwärmeversorgern oder sonstigen potenziellen Wärmeabnehmern müssen zudem umfangreiche Informationen zur Abwärme zur Verfügung gestellt werden. Diese Informationen sind bis zum 31. März eines jeden Jahres an die Bundesstelle für Energieeffizienz (Bafa) zu übermitteln und aktuell zu halten, die diese Infos – unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – auf einer öffentlichen Plattform zur Verfügung stellt. Die notwendigen Informationen umfassen u.a. Unternehmensdaten, jährliche Wärmemenge und thermische Leistung, Leistungsprofile, Regelungsmöglichkeiten und durchschnittliches Temperaturniveau.

Weitere Informationen zum EnEfG finden Sie hier im KlimaGuide.

Download

Den Praxisleitfaden, der 2016 im Rahmen der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz entstanden ist, können Sie hier runterladen.

Quellenangabe

Datum

Zuletzt geändert am 10. Oktober 2023

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