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Maßnahme

Analyse der Beschaffung

Die Beschaffungspraktik von Unternehmen kann ein großer Hebel für Klimaschutz sein. Eine Ist-Analyse beschaffter Güter nach Klimaschutzaspekten hilft, wirksame Maßnahmen zu identifizieren.

Auf einen Blick

Themenkategorie
Lieferkette
Bundesland
Bundesweit
Umsetzungszeitraum
Mittelfristig (2 bis 6 Monate)

Beschreibung

Die Beschaffung von Gütern im Unternehmen ist ein großer Hebel für Klimaschutzmaßnahmen, da Produkte und Güter fast immer einem „Rucksack“ an Treibhausgas- (THG-)Emissionen mitbringen. Darunter fallen alle THG-Emissionen, die bei der Herstellung und dem Transport der beschafften Güter (und deren Rohmaterialien sowie Zwischenprodukte) entstehen.  

In einem ersten Schritt sollten also die benötigten Güter, sowie die aktuelle Praxis in der Beschaffung analysiert werden. Damit kann man die wesentlichen Güter zu ermitteln, bei denen bereits kleine Änderungen einen großen Einfluss haben.  

Einordnung

Im Rahmen einer Treibhausgasbilanzierung (CO2-Bilanz bzw. Carbon Footprint) werden laut Greenhousegas-Protocol (GHG-Protocol) im Scope 3 die indirekten Emissionen betrachtet, worunter auch die beschafften Güter fallen. Diese bringen einen THG-Rucksack durch die benötigten Rohstoffe, die Energieverbräuche während der Produktion sowie nationale und vor allem internationale Transporte mit sich. Insbesondere bei produzierenden Unternehmen mit internationalen Zulieferern oder energieintensiven Rohstoffen machen die indirekten THG-Emissionen im Scope 3 oft einen Hauptteil der THG-Bilanz des Unternehmens aus. 

Als Hebel für Klimaschutzmaßnahmen ist es also notwendig, die Beschaffung und den Transport von Gütern im Unternehmen hinsichtlich THG-Emissionen und Klimaschutzaspekten zu analysieren. Diese Analyse kann dann Grundlage dafür sein, entsprechend wirksame Maßnahmen zur Reduktion von Scope-3-Emissionen zu finden und Kriterien für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen zu formulieren.  

Umsetzung

Ein nachhaltiges und klimaschutzorientiertes Beschaffungsmanagement lässt sich mit Hilfe des nachhaltigen Beschaffungsprozess-Modell nach Fröhlich (Fröhlich 2015) implementieren.  

Der erste Schritt ist die Analyse der aktuellen Beschaffungsprozesse und –bedarfe. Gleichzeitig sollte man die relevanten Stakeholder identifizieren, d.h. wer ist am Beschaffungsprozess im Unternehmen beteiligt oder hat Interesse daran. Dazu gehören neben dem Topmanagement, das Einkaufsteam, interne Kunden und Wissensträger, Lieferanten und Vorlieferanten und ggf. weitere interessierte Parteien.   

Darauf basierend sollte dann die bisherige Beschaffungsstruktur betrachtet werden:  

  • Was sind die relevanten Warengruppen? 

  • Wo kommen die wesentlichen Rohstoffe und (Vor-)Produkte her? Welche Transportwege sind notwendig? 

  • Welches Gewicht haben die beschafften transportierten Güter?  

  • Wie lang ist die Lieferkette des gesamten Produkts?  

  • Welche Lieferantenstruktur und welche Abhängigkeiten liegen vor?  

  • Wie viel Einfluss haben wir auf die jeweiligen direkten und indirekten Lieferanten? 

  • Gibt es bereits Beschaffungsrichtlinien und welche Aspekte werden dort bereits adressiert?  

  • Welchen Daten erfassen wir bereits in unserem Supply Chain Management? Welche Daten müssen wir ggf. noch ergänzen und/oder von den Lieferanten erfragen? 

Generell werden in jedem Unternehmen die folgenden branchenübergreifenden Produkte und Dienstleistungen beschafft: 

  • IT Geräte, wie Laptop, Smartphone, Drucker, Monitore, Server, etc. 

  • Software 

  • Papier und weiterer Bürobedarf 

  • Dienstfahrzeuge und Dienstreisen 

  • Kantinenbetrieb  

  • Reinigungsdienstleistungen 

Die relevanten Warengruppen sind aber oft die vielfältigen branchenspezifischen oder unternehmensspezifischen Produkte und Dienstleistungen, wie zum Beispiel Metalle, Kunststoffe, spezifische Vorprodukte etc. 

Praxisbeispiel 

Beschrieben wird hier ein mögliches Vorgehen zur Ermittlung der Treibhausgasemissionen in der vorgelagerten Lieferkette: 

Basierend auf den vorhandenen Daten im Beschaffungssystem sollten die CO2-Bilanz der beschafften Güter zunächst grob abgeschätzt werden.  

Dazu wird zunächst eine Auswertung aller beschaffter Güter eines bestimmten Zeitraumes, in der Regel ein Kalenderjahr, durchgeführt. Wenn vorhanden, werden dabei die Mengen (in Kilogramm oder Tonnen) der beschafften Güter mit ausgegeben. Falls die Mengen nicht vorliegen, ist eine Sortierung nach Einkaufvolumen (EUR) möglich.  

Oft liegt dann eine sehr lange Liste vor, die in weiteren Schritten zunächst verkleinert werden muss, da für die Auswertung begrenzte Ressourcen vorliegen.  Nach der Sortierung von groß (viele kg oder viele EUR) zu klein lassen sich die wichtigsten, wesentlichen eingekauften Güter festlegen. Dabei sind oft einige wenige Lieferanten oder Warengruppen für den Großteil der Mengen oder des Einkaufvolumens verantwortlich. Mit diesen Haupt-Warengruppen sollte begonnen werden, zum Beispiel mit den Warengruppen, die 70% bis 80% der Masse der beschafften Güter ausmachen.  

Da der Transport der Produkte einen Anteil an der Klimabilanz hat, ist es auch notwendig, die Beschaffung hinsichtlich der Herkunftsländer zu analysieren, z.B. über die Einkaufsvolumina oder die Mengen (in Tonnen) der beschafften Güter. Insbesondere bei Rohstoffen wie Metallen oder Kunststoffen sind die Mengen ausschlaggebend und liegen in der Regel vor.  

Wenn die wesentlichen Warengruppen bekannt sind, müssen für diese die THG-Emissionen pro Stück oder pro Mengeneinheit berechnet werden. Es muss der CO2e-Emissionsfaktor ermittelt werden. Dafür gibt es verschiedene Vorgehensmöglichkeiten: 

  • Durch Abfrage von Lieferanten liegen einem die THG-Emissionen pro Stück oder Mengeneinheit vor. 

  • Wenn diese Daten nicht vorliegen, müssen die THG-Emissionen über Branchenverbände angefragt oder in öffentlich verfügbaren Datenbanken recherchiert werden. 

Durch die Multiplikation des ermittelten, spezifischen CO2e-Emissionsfaktor mit der Menge oder Anzahl des eingekauften Gutes ergibt sich dann die Gesamtmenge an THG-Emissionen für die eine Warengruppe für das betrachtete Kalenderjahr. 

Für viele IT-Geräte werden die CO2e-Emissionen pro Geräte (Product Carbon Foorprint, Produkt-Fußabdruck) bereits veröffentlicht und die CO2e-Emissionen der beschafften Geräte relativ einfach berechnet werden: 

Gerät 

Anzahl 

Product Carbon Footprint pro Geräte [kg CO2e pro Gerät] 

Gesamt-Emissionen [kg CO2e] 

Smartphone 1 

10 

62 

620 

Smartphone 2 

25 

60 

1.500 

Monitor 1 

50 

270 

13.500 

Laptop 1 

50 

405 

20.250 

Summe 

 

 

23.720 

Die CO2-Emissionen für den Transport können über verschiedene Datenbanken oder Online-Tools berechnet werden. Dafür benötigt man in der Regel Kenntnis über das Gewicht und die Entfernung, um die Tonnen-Kilometer zu ermitteln. Mit Kenntnis der Transportart (LKW, Schiff, Flugzeug) lassen sich dann die CO2-Emissionen durch den Transport abschätzen. 

Dabei ist es wichtig, besonders zu Beginn nicht zu genau vorzugehen. Eine pragmatische Vorgehensweis zur Ermittlung der Größenordnung der CO2-Emissionen (10 t CO2e oder 100 t CO2e) ist zunächst ausreichend, es kommt nicht auf die genaue Emissionsmenge an.  

Wichtig sind das Anfangen und die Beschäftigung mit dem Thema, nicht die Genauigkeit!  

Quellen

BME Leitfaden Nachhaltige Beschaffung, Version 1, 03.06.2019 

Burian, L.; Fröhlich, L.; Sievers, K., 2013: Development of a Guideline for Implementing Sustainability into Procurement Processes of SMEs: An Empirical Investigation. In: Bogaschewsky, Ronald; Eßig, Michael; Lasch, Rainer; Stölzle, Wolfgang (Hrsg.): Supply Management Research. Aktuelle Forschungsergebnisse 2013. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden (Advanced Studies in Supply Management), S. 197–221. 

Fröhlich, Elisabeth (Hrsg.), 2015: CSR und Beschaffung, Management-Reihe Corporate Social Responsibility, Springer-Verlag Berlin Heidelberg; DOI 10.1007/978-3-662-46231-7_1 

Quellenangabe

Datum

Zuletzt geändert am 24. April 2024